Was liegt zwischen den Mauern, die die Wege in einer Grenzstadt versperren? Die Realität von Tausenden von Menschen, die versuchen, eine Grenze zu überqueren, um Armut, Elend, Gewalt oder Verfolgung zu entkommen. Die Gewalt an der Grenze zwischen Mexiko und den USA ist ein Spiegelbild aller Grenzen und Mauern, die auf der Welt errichtet werden. Die Gewalt, die die Körper der Migrant*innen erfahren, ist ein gemeinsamer Nenner. Im Alltag der Stadt kreuzen sich die Ausbeutung in den Weltmarkenfabriken, die Praktiken der Menschenhandelskartelle und die Lebensgeschichten all derer, die auf der Suche nach einem besseren Leben auf „die andere Seite“ gelangen wollen.
Eine liberalere US-Grenzpolitik bleibt auch unter der Regierung Biden aus und Mexikos Migrationspolitik wurde unter der Präsidentschaft von Andrés Manuel López Obrador (AMLO) noch stärker militarisiert. Während der Corona-Pandemie war das Asylrecht in den USA ausgesetzt, mexikanischen Grenzstädte wie Ciudad Juárez nahmen Tausende von Menschen auf. Initiativen der Zivilgesellschaft verhinderten, dass es zu einer humanitären Katastrophe kam. Doch die Migrant*innen leben unter höchst prekären Bedingungen und sind der Gewalt von Kartellangehörigen und Polizei schutzlos ausgesetzt. In Ciudad Juárez kam es im März dieses Jahres zu einem Massaker im lokalen Abschiebegefängnis vor dem Hintergrund rassistischer Hetze in den Medien.
Kathrin Zeiske arbeitet als freie Journalistin große Teile des Jahres in der mexikanischen Grenzmetropole Ciudad Juárez. Sie führt uns in der Lesung aus ihrem Buch “Ciudad Juárez: Alltag in der gefährlichsten Stadt der Welt“ und im Gespräch über ihre persönlichen Erfahrungen an unterschiedlichste Schauplätze. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen dieser Grenzstadt in der Wüste, hören Erzählungen von Menschen, die in den marginalisierten Vierteln leben – im Schatten der Mauer zu den USA –, begegnen Jugendlichen, die Menschen klandestin über die Grenze bringen, Frauen, die in Montagefabriken unsere Autositze fertigen, und Männern, die Bandenkriege im Gefängnis überlebt haben. Und wir lernen Aktivist*innen kennen, die unverdrossen Gerechtigkeit einfordern und versuchen, das Leben in der Stadt lebenswerter zu gestalten, Perspektiven abseits der Ausbeutung im Weltmarkt zu schaffen und eine kollektive Erinnerung zu erwirken.
Kathrin Zeiske wurde in Bonn geboren und hat dort Politikwissenschaften und praktischen Antifaschismus studiert. Friedensbrigaden und Rucksackreisen brachten sie nach Mexiko, wo sie einige Jahre in einer Migrant*innenherberge arbeitete. Heute verbringt sie große Teile des Jahres in der mexikanischen Grenzmetropole Ciudad Juárez. Von dort berichtet sie als freie Journalistin und organisiert politische Austauschreisen in die Stadt. In ihrer Freizeit versucht sich Miss Kath als Star der Lucha Libre, der mexikanischen Wrestling -Variante.